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LiveKritik im TIPI am Kanzleramt: „CABARET“ #TIPIcabaret

Ich durfte über LiveKritik filmen und fotografieren, alles auf Twitter unter dem Hashtag #TIPIcabaret

Cabaret, TIPI am Kanzleramt (C) Martin Döringer

Cabaret, TIPI am Kanzleramt (C) Martin Döringer

Cabaret, TIPI am Kanzleramt (C) Martin Döringer

Cabaret, TIPI am Kanzleramt (C) Martin Döringer

„Cinecittà Aperta“ von René Pollesch

Wenn Künstlerinnen wie Helene Hegemann („Die Unvollendete“) und Heike Makatsch („Hilde“) im Theater-Publikum sitzen, ahnt man bereits, dass das Stück höchst interessant sein wird. René Pollesch magnetisiert inzwischen seine Zuschauer mit lässigem Video- und Text-Theater, das durch selbst inszenierte, schwarz-weiße Kino-Szenen auf Großleinwand: glotzen lässt. Bei Pollesch darf das Mikrofon ständig künstlerisch ins Bild baumeln und in „Cinecittà Aperta (Ruhrtrilogie Teil 2)“ befindet sich die – gewollt oder ungewollt – hin und wieder zum Einsatz kommende Souffleuse direkt im Bühnenbild als „part of the act“.

Deutschland im Jahre 0: Ein Neuanfang in Berlin mit Illusionen, Angst und Hoffnungslosigkeit

Es soll ein Film gedreht werden. „Cinecittà“ steht für Film-Meisterwerke von Roberto Rossellini, Luchino Visconti und Federico Fellini, die in Polleschs Stück immer wieder inspirierend auftauchen. Einen genauen Film-Plan gibt es nicht, seine Darsteller wehren sich unter anderem sogar, zu drehen oder sollen sich in ihren Werbe-Trailer zurück schleichen. Während Marcel Reich-Ranicki auf den Körper des durch einen Film laufenden Matthias Schweighöfers steht, stellt die Bewag den Strom ab. Wer eine Handlung in Polleschs Werk sucht, sucht vergebens, es gibt sie nicht wirklich oder auf verwirrende Art und Weise.

„Cinecittà Aperta“: Der Zweck des Funktionierens führt zu Diskussionen und einem Plan

Philosophisch werden Karl Marx und Charles Robert Darwin zitiert und das reiche und arme Deutschland kritisiert. Die indische Hippie-Cover-Version von „Toxic“ (Britney Spears) und der Chanson „La Mer“ spiegeln das Lebensgefühl der Protagonisten, es wird aber festgestellt, dass Glück nicht vereinbart werden kann zwischen dem Menschen als Lebewesen und Gesellschaftswesen. Ernst Moeschke (Tristan Pütter) könnte die Muse des neuen Tokio-Hotel-Hits „Automatisch“ gewesen sein, wenn er sagt: „Es ist vielleicht besser, zu funktionieren, als glücklich sein zu wollen.“ Rocco Darsow (Martin Laberenz) sieht das ähnlich und meint, man solle uns heute so ansehen, wie man im 18. Jahrhundert die Tiere ansah: man existiere und funktioniere einfach. Sylvia von Kampen (Inga Busch) stellt fest, dass die Idee eines Plans durch die Kontrolle unseres Funktionierens entsteht, dieser Plan aber nur die Kontrolle sei, während Pauline Boetzke (Catrin Striebeck) der Meinung ist, dass die Funktion Leben sich im Laufe der Zeit abnutze, der Körper weiter im Sterben funktioniere und generell sich die Lebewesen auf funktionieren beschränken würden. „Das hier alles hat keinen Zweck. Es funktioniert einfach“ kontert Erna Grabowski (Christine Groß) und deshalb entdeckt Pauline einen krisenlosen und sichtlich glückseligen Plan, die sie zu den anderen Darstellern spielerisch am Ende anders sein lässt: „Warum in Lumpen spielen, wenn man doch auch „Cleopatra“ sein kann?“

„Cinecitta Aperta“ Berliner Premiere: 22. September 2009 im „Prater“ (Kastanienallee 7-9).

Weitere Vorstellungen: 26.09.09, 03.10.09, 03.11.09 um 19.30 Uhr und am 01.10.09 um 19.00 Uhr.

Darsteller & Crew:

Xylvia von Kampen: Inga Busch

Erna Garbowski: Christine Groß

Rocco Darsow: Martin Laberenz

Ernst Moeschke: Trystan Pütter

Pauline Boetzke: Catrin Striebeck

Souffleuse: Katharina Sendfeld

Text und Regie: René Pollesch

Bühne: Bert Neumann

Video: Jens Krull

Kostüme: Nina von Mechow

Kamera: Ute Schall, Andreas Deinert

Dramaturgie: Aenne Oui´nones

Licht: Frank Novak, Johannes Zotz